Die jüngsten Ereignisse im japanischen Kernkraftwerk Fukushima haben die Debatte um die Nutzung von Atomkraft neu angefacht und zu zahlreichen politischen Kontroversen geführt. Was wäre, wenn es zu einem Super-GAU in einem deutschen Atomkraftwerk kommen würde? Diese Frage stellt sich die renommierte Jugendbuchautorin Gudrun Pausewang in ihrem 1987 erschienenen Roman „Die Welle“. Die Autorin entwirft das fiktive Szenario eines Atomunfalls im deutschen Kraftwerk Grafenrheinfeld und stellt sich den Fragen der Auswirkungen anhand der Geschichte der 14jährigen Janna-Berta, die sich ohne elterlichen Schutz dem Grauen dieser Katastrophe stellen muss. Pausewang entwirft in ebenso eindringlichen wie realistischen Bildern die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber der Katastrophe und weckt intensiv mit aufklärerischem Impetus das Bewusstsein für die Gefährdung durch Atomstrom.
Das Erwachsenwerden ist geprägt von Orientierungslosigkeit und Anpassungsschwierigkeiten. Diesen zeitlosen Erscheinungen einer komplizierten Entwicklungsstufe widmet sich Andreas Steinhöfel in seinem 1998 erschienenen Jugendroman „Die Mitte der Welt“. Protagonist ist der 17jährige Phil, der sich mit einer erwachenden Homosexualität, einer extrovertierten Mutter und einer ablehnenden lokalen Umgebung konfrontiert sieht. Feinfühlig erzählt Steinhöfel in ebenso einfühlsamen wie poetischen Worten von der Welt seines Helden, ohne zu tabuisieren und sorgt mit diesem intensiven Einfühlungsvermögen für ein hohes Identifikationspotential.
Verschiedenste Erzählerfiguren und Erzählhaltungen wurden im Laufe der Jahre von Schriftstellern bemüht, um ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen, doch selten trat eine Erzählerfigur auf den Plan, wie sie in den Seiten des Jugendromans “Die Bücherdiebin” zum Leben erweckt wird. Markus Zusak lässt in seinem 2005 erschienenen Buch den Tod zu Wort kommen, und dieser Kunstgriff scheint besonders passend hinsichtlich der Zeit, in der Zusaks Geschichte angesiedelt ist: Sie spielt zwischen den Trümmern des Zweiten Weltkriegs und erzählt in anrührenden Worten die Erlebnisse der kleinen Bücherliebhaberin Liesel, die sich in ihrer Welt aus gedruckten Lettern konfrontiert sieht mit den Schrecken der Geschichtskatastrophe.
“Die Welle”, ein 1981 erschienener Roman von Morton Rhue, hat auch heute nichts von ihrer Aktualität und Wichtigkeit verloren. Das Jugendbuch schildert, basierend auf tatsächlichen Ereignissen, das Experiment eines amerikanischen High School-Lehrers, der seiner Klasse demonstrieren will, dass es jederzeit wieder zu einer Mentalität wie derjenigen des Dritten Reiches kommen kann. Ebenso kurz wie prägnant schildert das Buch die Ereignisse vom Beginn des Experiments bis hin zum vollkommenen Kontrollverlust der Schüler, die vollkommen in ihrer Bewegung aufgehen und auf diese Weise eindringlich vor Augen geführt bekommen, dass Terror und Diktatur eine stetige Gefährdung der menschlichen Freiheit darstellen.
Ein schillernder Exot in der Welt der Jugendbücher ist Walter Moers, dessen mittlerweile fünf Zamonien-Romane ihre Protagonisten auf abenteuerliche Reisen im fiktiven Kontinent Zamonien schicken. Ein Feuerwerk an skurrilen Einfällen ist der 2004 erschienene Roman “Die Stadt der Träumenden Bücher”, in dem der dichtende Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz sich in die Antiquariatsstadt Buchhaim begibt, um den Verfasser eines geheimnisvollen Manuskripts zu finden. Spannend bis zur letzten Sekunde, von ebenso grotesken wie liebenswerten Wesen bewohnt, ist Moers’ Bücherstadt eine einzigartige Liebeserklärung ans Lesen und an die Literatur.